Die Schülerin
(Teil II)
Das zehnte Schuljahr
Es regnete noch eine ganze Weile. Brav lief ich die ganze Strecke bis zu mir
nach Hause. Die Schritte wurden schwerer und ich kam immer langsamer voran. Als
ich triefend nass unser Haus erreichte, war ich einerseits erleichtert und
andererseits besorgt. Ich schloß die Haustüre auf und betrat die gute Stube.
Alles war ruhig. Aus dem Wohnzimmer hörte ich den Ton des Fernsehers. Ich
schaute vorsichtig nach. Nur meine Kinder waren dort und sahen Bugs Bunny. Wo wohl
meine Frau war. Ich ging nach oben in ihr Zimmer. Sie schaute mich ganz seltsam
an. Dann jedoch hatte ich spontan eine Ausrede parat. Auf dem langen Weg nach
Hause hatte ich für so etwas keinen Kopf. Doch jetzt half mir der Himmel, als
ich meiner Frau sagte, daß ich nur kurz etwas erledigt hatte und mir unterwegs
der Motor abgesoffen war. Das war eine wirklich mögliche Ausrede. Schließlich
stand der Wagen nicht vor der Türe. Jetzt mußte ich die Komödie natürlich
weiterspielen. So nutzte ich am nächsten Tag die erstbeste Gelegenheit, den
Wagen, der ja nur ein paar Straßen weiter entfernt stand, an einen weiter
entfernten Ort zu fahren. Die Situation schien gerettet. Doch meine Frau merkte
in den folgenden Tagen, daß etwas mit mir nicht stimmte. Ich war nicht mehr
ganz bei der Sache. Ich war nicht mehr bei ihr, etwas fehlte zwischen uns.
Sie ließ es sich nicht anmerken und tat so, als bemerkte sie es nicht. Am
nächsten Montag war der erste Schultag. Ein neuer Haufen Rabauken erwartete
mich. Sicher würde ich es schon meistern. Schließlich habe ich es bisher immer
gemeistert, und manchmal machte es mir sogar richtig Spaß. Der Schulgong
ertönte und ich ging auf den Schulhof, um mich der neuen Klasse vorzustellen.
Natürlich kannten mich die Kinder. Lehrer sind halt bei allen Schülern bekannt,
ganz gleich in welche Kasse sie gingen. Den Lehrern ging es da nicht so leicht.
Schließlich ist es auch leichter, sich ein paar Lehrer zu merken, als die
zwanzigfache Anzahl von Schülern. Ich sah mich um und stellte gleich fest, daß
ich fast nur unter Frauen war. Na ja, dachte ich, daß hatten wir ja schließlich
alles schon. Aber was war das ? Ich erschrak, als ich zwei Stiefel sah, die mir
verdammt bekannt vorkamen. Meine Augen wanderten am Körper des Mädchens hoch
und ich erblickte ein mir bekanntes Gesicht. Es waren die gleichen blauen
Augen, die gleichen blonden Haare und das gleiche kindliche Frauengesicht, wie
ich es vorige Woche zufällig beobachtet hatte. Ob sie mich kannte ? Vom Namen
her sicher. Aber wußte sie auch, welche Lehrergestalt zu diesem Namen paßte. Es
schien geradezu so, als hätte sie mich noch nicht gesehen. Jedenfalls plauderte
sie recht heiter mit ihren neuen Mitschülerinnen. Unter ihnen war auch das
andere Mädchen, das die schöne Blonde begleitet hatte. "Um Gottes Willen,
was mache ich jetzt bloß," dachte ich. Auf gar keinen Fall durfte ich mich
demütig zeigen. Ich mußte so tun, als ob das vorige Woche nie passiert gewesen
wäre. Sonst hätte ich mich beim Rest der Klasse lächerlich gemacht, was auf
lange Sicht sicher auch meinen Kollegen nicht verborgen geblieben wäre. Ich
versuchte, fröhlich zu lächeln, während sich einige der Kinder bereits brav in
Zweierreihe postierten. Schließlich führte ich die Kinder rein. Ich vermied es
so weit wie möglich, sie anzuschauen. Vor allem die letzten in der Schlange
wollte ich nicht ansehen. Denn hinten befand sich die blonde junge Frau, vor
der ich ganz offensichtlich Angst zu haben schien. Ich wollte es mir eigentlich
nicht eingestehen, aber ... ja, ich hatte Angst vor ihr. Warum eigentlich ? Sie
war doch nur eine Frau. Eine ganz normale Frau, und eine jugendliche zugleich.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Die Kinder setzten sich. Ich räusperte mich
noch einmal kurz und stellte mich schließlich nochmal ganz offiziell vor. Es
fiel mir schwer, in die Runde zu sehen. Aus einem Blickwinkel heraus konnte ich
erkennen, daß sich die blonde in die erste Reihe gesetzt hatte. Es half alles
nichts. Ich mußte wie gewohnt beginnen und setzte dabei ein künstliches Lächeln
auf. "So," sagte ich. "Jetzt habe ich mich vorgestellt. Nun muß
ich Euch nur noch kennenlernen. Vielleicht könntet ihr Euch auf Euren Tisch ein
Namensschild stellen. Ich denke nicht, daß ich mir alle Namen auf Anhieb merken
kann." - Normalerweise versuchte ich mir, die Namen zu merken, wenn sich
die Kinder nur vorstellten. Meistens schaffte ich es auch recht schnell. Doch
jetzt traute ich mich nicht. Ich mied den persönlichen Kontakt zu meinen
Schülern und hatte nur den brennenden Wunsch, mit dem Unterricht anzufangen. Es
waren langweilige 90 Minuten. Ich merkte, daß die Kinder keine richtige Lust
hatten. Ich denke, wir waren wohl alle erleichtert, als der Schulgong die Pause
einläutete. Fürs erste hatte ich es überstanden. Ich mußte nur noch die
Klassentür abschließen. Da ließ es sich dann nicht mehr vermeiden. Die blonde
Dame ging an mir vorbei und unsere Blicke trafen sich. Ich erschrak. Sie
schaute mir ernst in die Augen. Es war gerade so, als hypnotisierte sie mich.
Jedenfalls konnte ich mich nicht bewegen und war wie unter Schock. Ich spürte
eine Angst, die einzig und allein durch ihren Blick ausgelöst wurde. Es dauerte
nur kurz und hinterließ jedoch eine große Wirkung. Schließlich war sie an mir
vorbeigegangen. Ich drehte mich um und schloß die Klasse wieder auf. Ich wollte
nicht ins Lehrerzimmer. In diesem Moment wollte ich einfach nur allein sein.
Ich setzte mich an mein Pult und starrte auf die leeren Tische meiner Schüler.
Die Namensschilder standen schön übersichtlich in einer Reihe. Tanja Schuster
war der Name des so starken weiblichen Wesens. Bettina Brill war der Name ihrer
stetigen Begleiterin, deren Füße bereits auf meinem Körper ruhten. In der
ersten Reihe saßen noch Franceska Falcone, Karin Brand und Claudia Wirtz.
Franceska Falcone war eine feurige Italienerin mit langen dunklen Haaren und
sonnengebräunter Haut. Sie hatte ein schmales aufreizend geschminktes Gesicht.
Ebenso waren Karin Brand und Claudia Wirtz. Beide hatten sie langes dunkles
Haar und ein geschminktes Gesicht. Bis auf Tanja Schuster, die Stiefel trug,
hatte die gesamte vordere Reihe modische schwarze Lederklocks mit Plateauabsatz
an ihren nackten Füßen. Für mich waren dies offensichtlich keine guten
Voraussetzungen, um konzentriet und gewissenhaft Schüler zu unterrichten. In
der zweiten und dritten Reihe waren auch jeweils fünf Mädchen. Diese fielen
gott sei dank nicht so auf wie die Damen in der ersten Reihe. Nur zwei Jungen
hatte ich in meiner Klasse. Harald und Ralph waren zwei schmächtige junge
Männer, die wohl im Gegensatz zu ihren weiblichen Mitschülern noch eher Kinder
waren. Zwar waren beide reichlich groß gewachsen, doch handelte es sich bei
ihnen um das, was man einen "Strich in der Landschaft" nannte. Sie
waren mir im vorigen Schuljahr bereits aufgefallen, weil sie ständig von ihren
Mitschülern gemobbt wurden. Ralph wurde fast in jeder Pause von einem zwei
Jahre jüngeren Schüler verprügelt. Es war Marco, dreizehn Jahre alt und mehr
als einen Kopf kleiner. Ralph versuchte nie, sich zu wehren. Er lebte nach dem
Motto : "Wenn Du Dich wehrst, machst Du es wohlmöglich nur noch
schlimmer." Ich tat immer so, als sah ich es nicht. Sicher war dies eine
Pflichtverletzung. Aber ich brachte es einfach nicht fertig, dazwischen zu
gehen. Ich mied jeglichen körperlichen Kontakt. Eigentlich war ich sogar selbst
so aufgewachsen. Auch ich wurde früher oft verprügelt. Auch von kleineren
Mitschülern. Sicher wollte ich mich wehren. Aber ich wagte es nie, selbst
zuzuschlagen. Jedesmal war ich wütend, aber ich fraß alles in mich hinein und
ließ es über mich ergehen. Man konnte fast sagen, ich hatte vor allem Angst,
was sich bewegte.
Der Schulgong riß mich aus meinen Gedanken. Jetzt mußte ich wieder Farbe
bekennen. Ich mußte auf den Schulhof und meine Schüler in die Klasse führen.
Und wieder traf mich der Blick der schönen Tanja Schuster. Wie vorhin, so
konnte ich auch diesmal nicht ihrem Blick ausweichen. Sie starrte wirklich
ernst und intensiv zu mir hoch. Es waren sicher nur zwei Sekunden, in denen sie
mich ansah. Aber mir kam es vor wie eine Ewigkeit. In der Folgezeit spulte ich
mein vorbereitetes Programm herunter. Doch dann war das Vortraghalten zu Ende.
Nun mußte ich meine Schüler in den Unterricht einbeziehen. Die ersten
Wortmeldungen kamen, auch von Tanja und den anderen Mädchen der ersten Reihe. Zunächst
nahm ich Franceska dran. Dann kam Karin Brand und Claudia Wirtz. Bettina Brill
hielt sich noch zurück. Schließlich war es soweit. Bei einer Frage klopfte mir
das Herz, als ich Tanja Schuster das Wort erteilte. Sie ging auf meine Frage
sachlich ein. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Gleich fühlte ich mich wesentlich
wohler. Dann waren auch die dritte und vierte Stunde zu Ende. Die Kinder
verließen wieder den Klassenraum in Richtung Pausenhof. Tanja war die letzte in
der Klasse. Sie ließ sich bewußt Zeit, und wieder sah sie mir in die Augen.
Diesmal jedoch länger. Ich war gefangen. Sie hatte die Macht, mich zur Säule
erstarren zu lassen, und sie merkte es. Fast ansatzlos holte sie zu einer
Ohrfeige aus. Es schüttelte mich ganz schön durch. Ich reagierte nicht konnte
mich auch weiterhin nicht von ihrem Blick lösen. Doch nach der Ohrfeige wandte
sie sich von mir ab und gab meinen Körper frei. Ich konnte es nicht fassen.
Aber es war irgendwie zu erwarten. Zunächst tastete sich das Mädchen vor.
Jetzt, wo sie spürte, daß sie noch immer Macht über mich besaß, konnte sie das
grausame Spiel von voriger Woche fortführen. Ich war gebrochen. Mir war klar,
daß diese Ohrfeige nur ein weiteres Antasten war und das mir noch einiges
bevorstehen würde.
Der Tag ging zu ende und ich dachte zu Hause viel nach. Meiner Frau erklärte
ich, daß ich mir lediglich Gedanken um meine neue Klasse machte, was ja auch
irgendwie stimmte. Als ich am nächsten Tag wieder zur Schule ging, sah ich
Bettina Brill, die Freundin von Tanja Schuster. Dieses kleinere Mädchen mit den
glatt herabfallenden kurzen braunen Haaren stand bei Ralph. Erst machte ich mir
Gedanken, was den dieser verklemmte Junge bei Frauen zu suchen hatte. Dann
jedoch sah ich, wie sich die rechte Hand des Mädchens in sein T-Shirt gekrallt
hatte. Bettina schob und zog daran, während der mehr als einen Kopf größere
junge Mann den Bewegungen des Mädchens folgte. Meine schlimmsten Befürchtungen
bewahrheiteten sich, als das Mädchen ihrem männlichen Gegenüber eine scheuerte,
nur so zum Spaß verstand sich. Der Junge zuckte und das Mädchen setzte nach.
Sie rammte ihm ihr Knie vors Bein, was man wohl einen Pferdekuss nannte. Wieder
folgte eine Ohrfeige. Der Junge fing an zu weinen, während das Mädchen ihr
grausames Spiel fortführte. Harald, der sich meistens bei Ralph aufhielt,
wandte sich von seinem Freund ab. Ganz offensichtlich hatte er selbst Schiß und
war ganz froh, daß sich das Mädchen nicht ihn vorknöpfte. Auch ich wandte mich
von der Szenerie ab und schielte nur zu den Kindern herüber. Sicher wäre es
meine Pflicht gewesen, hier einzugreifen. Aber es törnte mich irgendwie an, bei
all dem zuzuschauen. Ein innerer Konflikt nahm Besitz von mir. Ein Konflikt, in
dem mein Pflichtbewußtsein als Lehrer den kürzeren zog. Bettina trug heute
wieder die Turnschuhe, mit denen ich sie schon im Bus kennengelernt hatte. Ein
ideales Tretwerkzeug. Und Ralph bekam haufenweise Tritte in seinen Hintern und
vor seine Oberschenkel. Er zuckte und nach einiger Zeit konnte er kaum noch
stehen, weil sich an seinen Oberschenkeln Blutergüsse bildeten. Der Schulgong
machte schließlich dem grausamen Spiel ein Ende. Für mich war das wohl erst der
Anfang. Denn jetzt war ich wohl dran.
Ich schaffte es relativ gut, den Faden zu finden. Der Unterricht lief gut
an, bis ich schließlich über die Lautsprecheranlage gerufen wurde. Es war
nichts besonderes, nur eine Telefonat. Doch als ich zurückkam, erschrak ich.
Ralph hing am Kartenständer. Irgendjemand hatte ihn am Kragen seines T-Shirt´s
dort aufgehangen. Mich wunderte es, daß der Stoff seines Kleidungsstückes sein
Gewicht hielt. Er vermied es, mir ins Gesicht zu sehen. Es war ihm
offensichtlich fürchterlich peinlich. Zwischendurch machte sich bei den fünf
jungen Damen in der ersten Reihe leises unterdrücktes Gelächter breit.
Vorsichtig ging ich zum Kartenständer hin, um den Jungen runterzuholen. Denn
selbst konnte er sich aus dieser Position nicht befreien. "Bleib stehen
!" Auf einmal ergiff Tanja Schuster das Wort. Und wie automatisch
gehorchte ich. "Sollen wir Dich da aufhängen ?!" fragte sie kalt. Ich
blieb wie versteinert stehen. Ich konnte nicht sprechen und mich auch nicht
bewegen. "Ich hab Dich was gefragt, Lehrer ?!" - "Nein,"
antwortete ich leise. "Dann laß ihn da hängen und setz Dich ans Pult, um
mit dem Unterricht fortzufahren !" - Nun also war es geschehen. Ich habe
mich nun vor der gesamten Klasse bloßstellen lassen. Jetzt wußten alle anderen
Schüler über mich Bescheid.
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. Sollte ich meinen Schüler
befreien ? Ich traute mich nicht. So setzte ich schließlich meinen Unterricht
fort. Ich tat so, als wäre alles in Ordnung, nur ab und zu schielte ich zum
Kartenständer hinüber. Das taten auch die anderen Mädchen. Sie schmunzelten.
Auch die bislang unbeteiligten in der zweiten und dritten Reihe bekamen nun so
langsam alles mit und fanden ihren Spaß daran. Schließlich war Pause. Die
Mädchen standen auf und wandten sich zur Türe. Tanja Schuster aber wandte sich
zu mir. "Der bleibt hängen !" befahl sie trocken. Ich wollte schon zum
Kartenständer laufen, wandte mich aber nach den drohenden Worten gleich wieder
ab.
Ich hatte heute Aufsicht auf dem Pausenhof. Wieder mußte ich ein ums andere
Mal wegschauen. Denn Bettina Brill hatte sich wieder ein Opfer geschnappt.
Harald ließ sich widerstandslos festhalten. Das Mädchen zog den Jungen, der
erst gar keine Gegenwehr versuchte und freiwillig mitging, in eine schlecht
einzusehende Ecke des Schulhofes. Die jüngste der Klasse hatte wirklich das
Mobbing neu erfunden. Es war fast wie beim Tanzen. Nur, daß hier das Mädchen
den Jungen führte. In rascher Abfolge setzte es Ohrfeigen und Pferdeküsse.
Harald fing bereits an zu weinen, als das Mädchen ihn am Kragen packte.
Natürlich hatte er beobachtet, was sie mit Ralph heute morgen gemacht hatte.
Und er wußte, daß die folgenden 15 Minuten wohl verdammt lange dauern würden.
Die anderen Mädchen standen um die beiden herum und schauten amüsiert zu. Als
der Schulgong ertönte, standen fast alle Mädchen eng zusammen. Es war geradezu
so, als führten sie etwas im Schilde.
Gemeinsam betraten wir die Klasse. Ich setzte mich hinters Pult. Erleichtert
bemerkte ich, daß Ralph noch lebte, und wohl nur vor Scham etwas rot angelaufen
wirkte. Tanja Schuster stand auf sah mich an. "Du darfst ihn
losmachen," sagte sie auf einmal zu mir. Ich stand auf und befreite Ralph
aus seiner mißlichen Lage. Auf einmal standen die Damen der ersten Reihe alle
auf. Franceska Falcone ergriff den Kartenständer und stellte ihn in die Mitte
der Klasse, während die anderen vier das Pult etwas zur Seite schoben. Dann
kamen alle auf mich zu. Franceska und Karin bückten sich ein wenig und umfaßten
mein rechtes und mein linkes Bein. Ich glaubte mich in einem falschen Film.
Bettina und Claudia kamen hinzu und halfen. Auf einmal schwebte ich frei in der
Luft. Tanja erfaßte meinen Arm, damit ich nicht das Gleichgewicht verlor. Die
Mädchen liefen mit mir ein paar Schritte bis zum Kartenständer. Tanja stellte
sich auf meinen Stuhl, ergriff meinen Kragen und befestigte ihn an der Klammer
des Kartenständers. Als ich oben fest hin, ließen die Mädels unten los, so daß
ich frei in der Luft schwebte und meine Beine ins Leere tretend
heruterbaumelten. Stolz betrachtete micht die blonde Tanja. "Ich denke, es
macht uns viel mehr Spaß, wenn Du den Unterricht von da oben aus
fortsetzt."
Es war unglaublich. Die Damen setzten sich und warteten darauf, daß ich
weitermachte, als wäre gar nichts geschehen. Und tatsächlich führte ich aus
dieser mißlichen Lage heraus den Unterricht fort.
Ich war erleichtert, als mich die selben fünf Mädchen am Ende des
Unterrichtes aus meiner Lage befreiten und bis dahin auch niemand meiner
Kollegen den Klassenraum betreten hatte. Doch zum Schluß erfolgte eine äußerst
demütigende Handlung, die mit Tanja Schuster befohlen hatte. Ich mußte auf
allen vieren durch den Klassenraum kriechen und allen Schülerinnen die Schuhe
küssen. Anschließend wurde mir aufgetragen, jeden Tag Schuhputzzeug mit in die
Schule zu bringen. Von da an war ich für die Sauberkeit eines jeden Damesschuhs
verantwortlich. Sah ich einen Fleck, mußte ich sofort vor der Schülerin
niederknien und ihr diesen wegputzen. Hatte ich kein Schuhputzzeug zur Hand,
mußte ich den Fleck mit meiner Zunge wegpolieren.
Die Tage vergingen und meine Schülerinnen bescherten mir eine peinliche
Situation nach der anderen. Einmal hatte ich das Schuhputzzeug vergessen. Daher
bekam ich von Tanja Schuster aufgetragen, einen Aufsatz darüber zu schreiben,
warum es besser ist, Schuhputzzeug zur Schuhpflege meiner Schülerinnen
mitzunehmen. Als ich mal eine Anordnung von Tanja nur halbherzig vollführt
hatte, mußte ich den Satz "Ich muß meinen Schülerinnen gehorchen" so
oft an die Tafel schreiben, bis diese voll war.
Die Klassenarbeiten mußte ich so bewerten, daß für die Damen niemals etwas
schlechteres als eine Drei dabei herauskam. Die Note drei durfte ich auch nur
selten verwenden, eben nur, damit es nicht allzu auffällig war, daß ich über
die Notenvergabe nicht selbst zu entscheiden hatte. Es war depremierend.
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