FANTASIE FÜR T.
(Lezdom)
Sinnend und gleichzeitig erregt stehe ich vor dem Bild in
der Ausstellung: Die Folter im Laufe der Geschichte! Ich bin zurück versetzt in
die Zeit meiner Kindheit, als ich zum ersten Mal im Alter von acht – neun
Jahren von Fantasien der Grausamkeit überfallen wurde wie von einem bösen Traum
und dachte, ich würde einmal als Monster im Kittchen landen.
Nun stehe ich vor diesem Bild, das meine zweite sexuell,
sadistische Fantasie auslöste. Ich bin aufgewühlt, genau dieses Bild vor mir zu
sehen. Wohl zehn Minuten kann ich mich nicht davon lösen, bis ich ein leises
Räuspern neben und hinter mir vernehme.
Erschrocken drehe ich mich um und sehe eine fesche Dame, die
mich spöttisch mustert.
„Verzeihung, gnädige Frau!“ bringe ich gerade noch mit
heiserer Stimme heraus und trete ein wenig zur Seite, um ihr Platz zu machen.
Dabei beobachte ich sie aus den Augenwinkeln. Eine begehrenswerte, eine
interessant Frau. Sie starrt das Bild an. Abrupt dreht sie sich mir zu und
fragt:
„Darf ich erfahren, was an diesem Bild Sie so sehr
interessiert, mein Herr? Das ist eine sehr grausame Art zu sterben!“ Ich starre
die fremde Frau ob ihrer Direktheit einen Moment an, setze mein freundlichstes
Lächeln auf und erkläre ihr:
„Dieses Bild war meine zweite sexuelle und sadistische
Erfahrung, die ich als Knabe ohne mein Zutun hatte. Ich nehme an, dass es in
erster Linie ihre Nacktheit war, die mich faszinierte, vor allem ihre schön
gezeichneten Brüste!“
Sie blickt mich skeptisch an und fragt:
„Das ist aber eine durchaus normale Reaktion. Nacktheit von
Frauen regt Männer an und soll es auch. Wie passt das mit „sadistisch“
zusammen?“
„Ich war ja ein Kind, acht oder neun Jahre, in den letzten
zwei Jahren des zweiten Weltkriegs. Der Begriff Sadismus war mir nie
untergekommen. Ich wusste nichts von Brunhilde, von Todesstrafe, von der
Brutalität des frühen Mittelalters, aber in meinem Kopf entstanden Märchen, in
denen ich Frauen quälte, nie zu Tode, weil ich sie ja wie eine Puppe weiter
behalten wollte, für neue Fantasien.“
Nach dieser Erklärung blickt die Dame mich sinnend an und
stellt fest:
„Sie sind also ein ideeller Sadist! Haben Sie nie das
Bedürfnis verspürt, eine reale Frau zu quälen?“
Nun ist das Erstaunen bei mir groß.
„Woher kennen Sie diesen veralteten Ausdruck vom Ende des
19., Anfang der 20. Jahrhunderts? Er ist kaum mehr gebräuchlich, trifft aber
meinen Zustand exakt. Ich habe drei Mal in meinem Leben versucht, ob ich
imstande wäre, Frauen wirklich zu quälen. Fazit: Ich kann es, aber ich will
nicht. Es widerspricht meinem Lebensmotto: „Was Du nicht willst, dass man Dir
tu, das füg auch keinem andern zu! Ich liebe die Frauen, denn das ist der Sinn
des Lebens und nach der Definition des Psychologen Stoller ist Sadismus die
erotische Form von Hass!“
Die Dame blickt mich kurz mit großen Augen an, packt mich am
Ärmel und zieht mich in Richtung oberes Stockwerk. „Kommen Sie, Kommen Sie!“,
erklärt sie mir aufgeregt, „Ich muss Ihnen etwas zeigen!“ Sie zieht mich durch
einige Räume. Im hindurch Hasten, sehe ich, dass es sich um großformatige Fotos
von sadomasochistischen Szenen handelt, also um den aktuellen Stand von
Sadomasochismus. Schließlich bleibt sie vor einem Bild stehen und blickt mich
erwartungsvoll an. Ich blicke überrascht zwischen dem Bild und ihr hin und her.
Drei Frauen sind darauf zu sehen!
Ich wende mich ihr zu und frage, indem ich ihre Hand fasse
und einen sanften Handkuss andeute:
„Wollen wir einander duzen? Ich bin der Gerd und Du bleibst
für die Öffentlichkeit T.?“ Du lächelst nur zustimmend.
|